Wir haben ein Monster-Wochenende hinter uns.
Eigentlich wollten wir Freitag Abend bereits einmal testweise Vakuum ziehen, aber die einzelnen Schritte bis dahin haben einfach zu lange gedauert. Samstag früh machen wir weiter. Wir dichten alle drei Bahnen Vakuumfolie mit Dichtband ab. Während ich mich um die Geraden kümmere, nimmt sich Freddy dem Bug und dem Heck an. Das Heck ist unsere Schwachstelle, denn hier dichten wir auf der PVC-Blase ab. Wenn es Undichtigkeiten gibt, dann üblicherweise in diesem Bereich.
Und so ist es denn auch. Wir brauchen fast zweieinhalb Stunden, bis wir endlich Vakuum haben. Vor allem die Unterseite des Hecks braucht sehr viel Zuspruch, bis sie endlich dicht ist. Freddy muss sogar einmal in die Blase, weil wir nach langem Suchen und Nichtfinden vermuten, dass das Leck in der Blase und nicht in der Folie ist. Es stellt sich dann aber „nur“ als Falte im Blasenboden heraus. Freddys Ein- und Ausstieg in die Blase ist ein Nervenakt. Wenn jetzt dadurch etwas kaputt geht, entsteht richtig Schaden. Außerdem verlieren wir jedes Mal ordentlich Luft und haben Sorge, dass das Gelege dadurch zusammensackt. Es liegt aber alles stabil. Um 12:30 haben wir endlich Vakuum und sind zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich fertig mit den Nerven :-)
Wir haben insgesamt sechs Flutleitungen gelegt:
- vom Heck aus ganz unten an der Deckskante entlang links und rechts
- vom Bug aus in ca. 80cm Höhe links und rechts
- vom Heck aus in ca. 160cm Höhe links und rechts
Freddy hat sich auf 80kg Epoxidharz festgelegt. Wie wir die verteilen, will er während des Flutens entscheiden. Ich habe mir deshalb eine Liste erstellt, mit deren Hilfe ich in 500g-Schritten die Mischverhältnisse ablesen kann. So fange ich nicht jedes Mal neu das Rechnen an.
Um 12:45 legen wir mit dem Mischen los. Wir starten mit 2 x 10kg über die unterste Flutleitung, danach 2 x 10kg über die mittlere. Wir können direkt sehen, dass es sich gut verteilt. Freddy entscheidet, dass wir hier noch Material hinterher schieben und wir machen in 5kg-Schritten nochmal vier Eimer fertig. Damit sind wir bei 60kg.
Die letzten 2 x 10kg Mischungen werden für die oberen Flutleitungen verwendet. Hier machen wir den Fehler, dass wir einfach zu nervös und ungeduldig sind. Wir füttern diese obere Leitung zu früh, hätten stattdessen den Harz weiter unten noch weiter steigen lassen sollen. Resultat daraus ist, dass wir sehr schnell Harz ganz oben haben, der dann durch die Luftleitungen gesaugt wird, so dass wir sehr zügig die ersten Kugelhähne zudrehen müssen. Durch die geschlossenen Kugelhähne steigt aber der Harz weiter unten nicht mehr so gut. Wir verursachen damit einige freiliegende Felder, die aber glücklicherweise so klein sind, dass sie später gut nachlaminiert werden können.
Nach nicht mal 45 Minuten sind wir mit dem Anmischen bereits durch und entscheiden uns gegen eine weiter Fuhre.
Nach und nach saugen sich die Eimer leer, werden einer nach dem anderen abgeklemmt, bis wir alle sechs Flutleitungen gekappt haben. Wir takten das Temperiergerät in der Blase hoch auf 42°C. Das hängt übrigens diesmal in der Blase, wir sind ja lernfähig.
Das Vakuum ist stabil, die Blase verliert allerdings etwas Luft und muss regelmäßig nachgepustet werden.
Kurz vor 18 Uhr fängt das Harz an zu gelieren. Plötzlich wird es nochmal hektisch, denn wir stellen fest, dass sich am Bug sehr viel Harz gesammelt hat. Es wird verdammt warm und wir haben Sorge, dass es uns die Blase und/oder Vakuumfolie verschmurgelt, was ein Verlust des Vakuums bedeuten würde. Die nächste Stunde sitzen wir mit zwei Eimern Wasser am Bug und kühlen mit nassen Lappen von außen. Wir können erkennen, dass es die Fließhilfe an einigen Stellen ordentlich verkohlt hat, aber das Kühlen von außen ist ausreichend und es entsteht kein weiterer Schaden. Allerdings ist der Bugbereich dadurch jetzt etwas deformiert. Ist aber nicht ganz so dramatisch, da wir diesen Bereich sowieso nachträglich abschneiden und modellieren, bzw. auch viel durch die noch folgenden Styrodurleisten ausgleichen können. Nach dieser Hektik beruhigt sich die Situation wieder.
Wir machen weiterhin unsere Runden rund um den Rumpf, bauen zwischendrin Campingbetten auf und versorgen uns mit Essen. Freddy baut mit Hilfe eines Gabelstaplers und einer weißen Kunststoffplatte eine Kinoleinwand auf und wir können über den Beamer Filme gucken, aber die ganze Zeit über behalten wir den Rumpf im Auge, voller Sorge, dass da noch etwas passiert.
Erst nach Mitternacht fühlen wir uns zum ersten Mal so sicher, dass wir es aussprechen. Wir haben einen Mittelrumpf!
Sonntag Vormittag packen wir bereits aus und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Rumpfform und Kiellinie sind so geworden, wie wir es geplant hatten. Außerdem sind wir faltenfreier als erwartet nach unserer Karambolage mit der Gelegerolle.
Die 80kg Harz scheinen die korrekte Menge gewesen zu sein, denn es sind nur ca. 2kg in der Harzfalle gelandet.
Den Großteil der Vakuum-Folie können wir vorsichtig freischneiden, sauber schütteln und wieder zusammenlegen, um sie für spätere, kleinere Laminieraktionen weiter zu verwenden.
Freddy laminiert eben die Stellen nach, die wir nicht erwischt haben und dann machen wir Feierabend.
Die Innenschale des Mittelrumpfes ist der größte Meilenstein unseres Projekts. Die Größe der Blase und das Handling des ganzen Materials hat sich als ordentliche Herausforderung herausgestellt und uns durch den ersten misslungenen Versuch im Januar schwer im Magen gelegen. Wir haben seit Wochen nicht gut geschlafen und unsere Nerven haben schon Tage vor dem Flutungstermin blank gelegen. Jetzt können wir erstmal wieder entspannen.