Ich hinke mal wieder in der Berichterstattung hinterher. Ab und an haben wir so Läufe, da komme ich dann nicht mehr hinterher mit dem Schreiben.
Hier einmal der aktuelle Stand zu unserem hinteren PoC-Beam: Etwas kurzfristig (sprich: total improvisiert) haben wir beim Laminieren der Verbindungslinie der Unterkante auch gleich noch die Lage mitlaminiert, die von der Oberseite einmal rundherum wieder auf die Oberseite führt. Ich bekomme das einfach nicht weniger verwirrend formuliert.
Für diese zusätzliche Lage haben wir ein relativ leichtes Bi-Diagonal-Gelege genommen (200g). Diese umwickelte Lage dient eigentlich hauptsächlich der Kaschierung, das eigentlich Stabile ist der Doppel-T-Träger im Inneren des Beams. Das richtige Improvisieren ging los, als wir während des Laminierens entschieden, dass wir diese Lage besser unter Vakuum aushärten lassen sollten, damit sich keine Luftblasen unter dem Gelege halten. Mal eben schnell alles in Folie packen und die Vakuumvorrichtung aktivieren… aber der Aufwand hat sich gelohnt. Jetzt fehlt noch eine letzte schmale Lage längs und dann können wir bereits den nächsten Beam angehen.
Aber um nicht das Gefühl zu bekommen, dass wir nur noch für die PoC arbeiten, starten wir parallel mit den Punkt „Anlaschpunkte“ für den großen Tri. Hierzu muss ich jetzt ausholen. Erstmal ein paar Punkte aus unserem Pflichtenheft:
- Die Anlaschpunkte der Beams müssen, vor allem in Zugrichtung, enorm stabil sein. Die Beams und die Anlaschpunkte der Beams halten unseren Trimaran später zusammen.
- Jeder Anlaschpunkt soll das Gesamtgewicht des Tris und mehr halten können.
- Die Kräfte, die über die Anlaschpunkte wirken, müssen weitläufig in den Rumpf abgeleitet werden.
- Um die Kräfte möglichst effizient ableiten zu können, müssen die Rovingstränge in unterschiedliche Winkel gelegt werden.
- Um unseren Sandwich-Rumpf gleichmäßig zu belasten, müssen die Rovingstränge sowohl an der Außenseite als auch an der Innenseite des Rumpfs liegen
Theoretisch soll jeder Strang 400kg Bruchlast in Zugrichtung haben. Um uns sicher zu sein, dass wir mit realistischen Werten kalkulieren, laminieren wir im Vorfeld Rovingmaterial in Schlingen und testen mit einer Zugvorrichtung.
Der theoretische Wert deckt sich ungefähr mit unserem Zugtestergebnis: unsere dreifachgelegte Schlinge bricht bei etwas über 1100kg, war allerdings auch etwas ungünstig laminiert. Unsere zweifach gelegte Schlinge fliegt uns bei 980kg um die Ohren.
Jeder unser Anlaschpunkte wird aus 30 Rovingsträngen bestehen. Wir kommen theoretisch also auf eine Bruchlast in Zugrichtung von 12 Tonnen - pro Anlaschpunkt!
Die Vorbereitungen zum Laminieren der Anlaschpunkte hat Freddy über mehrere Wochen nebenbei mitgemacht. Er markiert die Bereiche, in denen die Rovingstränge gelegt werden. Er spachtelt die Fugen glatt und schleift kurz über. Er bohrt links und rechts neben den Anlaschpunkten Löcher in die Deckskante, um eine Verbindung nach Innen zu schaffen und flacht den Bereich außen unter den Anlaschpunkten etwas ab, damit die Rovingstränge nicht zu sehr auftragen. Er entwickelt eine Art Platzhalter für die Laminieraktion: ein abgelängtes Stück GFK-Rohr, geklemmt zwischen zwei Styrodurscheiben, die wiederum von zwei stabilen Kunststoffplatten auf Position gehalten werden. Das ganze wird dann mit einem Metallwinkel und mehreren Schrauben befestigt.
Die Rovingstränge werden einer nach dem anderen in unterschiedlichen Legetechniken um das GFK-Rohr drapiert. Ein Teil der Stränge wird dann mit Hilfe einer Drahtschlinge ins Innere gezogen und dort an die Rumpfwand und an die Verstärkungsstreben laminiert. Insgesamt haben wir fünf verschiedene Legetechniken, die ich „A“ bis „E“ nenne (oben über Kreuz, unten über Kreuz, anderthalb Schläge, etc..) und drei verschiedene Stranglängen, die ich „kurz“, „mittel“ und „lang“ nenne. Ich brauche diese Kodierungen, denn Freddy wird während des Laminierens im Inneren des Rumpfs sein, um die innenliegenden Stränge zu legen, während ich draußen stehe und die Stränge um das Rohr wickele und laminiere. Wir müssen also kurz und deutlich durch die Rumpfwand miteinander kommunizieren, damit ich weiß, welche Legetechnik und welche Stranglänge als nächstes kommen soll. Für die außenliegenden Stränge kommt Freddy dann jeweils nach draußen und ich verlege mich auf das Anreichen der Stränge. Die vielen Lege-Varianten sollen dafür sorgen, dass die Kräfte in möglichst viele Richtungen optimal aufgefangen werden.
Tatsächlich verläuft die Laminierphase tadellos. Jeder Anlaschpunkt dauert etwa 2 Stunden. Abreißgewebe drauf, soweit das geht und dann aushärten lassen. Am nächsten Tag können wir uns die Ergebnisse bereits anschauen und sind zufrieden. Die Hohlräume werden wir als nächstes mit Spachtelmasse füllen und dann direkt die Fußreling anpassen.
Die Strang-Enden werden noch eine Lage Glas bekommen, damit sie vor der nächsten Schleifaktion geschützt sind.